Kamala Harris hat ein Industrie-Problem

US-Politik für Sie entschlüsselt. Jeden Tag in Ihrem Postfach. Im Browser anzeigen oder hier anhören von JAKOB HANKE VELA Mit CARLOTTA DIEDERICH DIE TOP-THEMEN — HARRIS UND DIE INDUSTRIE: Die Demokratin könnte in Swing States, die stark industrialisiert sind, Wähler verlieren, befürchten ihre Parteifreunde.  — NEUE UMFRAGEN: Trump führt in Georgia, Harris in Pennsylvania. — […]

Sep 19, 2024 - 13:00
Kamala Harris hat ein Industrie-Problem

US-Politik für Sie entschlüsselt. Jeden Tag in Ihrem Postfach.

POLITICO Pro D.C. Decoded
Im Browser anzeigen oder hier anhören

von JAKOB HANKE VELA

Mit CARLOTTA DIEDERICH

DIE TOP-THEMEN

HARRIS UND DIE INDUSTRIE: Die Demokratin könnte in Swing States, die stark industrialisiert sind, Wähler verlieren, befürchten ihre Parteifreunde. 

NEUE UMFRAGEN: Trump führt in Georgia, Harris in Pennsylvania.

SCHUTZ VOR TIKTOK UND INSTA: Ein geplantes Gesetz zum Schutz von Kindern in sozialen Medien hat eine wichtige Hürde im Kongress genommen.

CO2-MARKT: Die Regierung Biden plant, einen freiwilligen Treibhausgasmarkt einzuführen. NGOs warnen vor Greenwashing.

WENIGER DROGENTOTE: Die Zahl der an einer Überdosis gestorbenen Menschen in den USA ist überraschend stark gesunken.

Willkommen bei DC Decoded, dem werktäglichen Amerika-Briefing von Jakob Hanke Vela und Carlotta Diederich über die aktuellen Entwicklungen jenseits des großen Teichs.

Senden Sie Tipps und Feedback an jhanke@politico.eu und cdiederich@politico.eu 

Oder folgen Sie uns auf X: @hankevela und @die_cara_

* Brussels Decoded: Unser Europa-Newsletter auf Deutsch richtet sich an alle, die verstehen wollen, was die politische Agenda der Machtzentralen Europas bestimmt. Melden Sie sich jetzt hier für eine kostenlose Testversion an. *

WORÜBER WASHINGTON SPRICHT

HARRIS HAT EIN INDUSTRIE-PROBLEM: Kamala Harris steht vor der Herausforderung, in Swing States, die stark industrialisiert sind, Wähler zu gewinnen. 

Doch ihre Parteifreunde in diesen Staaten befürchten, dass Harris wichtige Wähler verprellt, da sie im Wahlkampf kaum über Industriepolitik und -jobs redet.

Das Risiko für Harris: Trotz der milliardenschweren Investitionen, die die Regierung Biden in die Rust-Belt-Industrie gesteckt hat, haben die Demokraten vor Ort Bedenken, dass Harris Wähler unter Gewerkschaftern und Arbeitern verlieren könnte, berichten meine Kollegen Gavin Bade und Brittany Gibson.

Gewerkschaften in Swing States wichtig: Obwohl weniger als 10 Prozent der US-Arbeitnehmer landesweit in einer Gewerkschaft Mitglied sind, ist dieser Prozentsatz in Pennsylvania und Michigan deutlich höher, bei etwa 13 Prozent.

Wichtige Gewerkschaft enthält sich: Am Mittwoch gab die Teamsters, eine Gewerkschaft die in den Swing States eine wichtige Rolle spielt, bekannt, dass sie keinen Präsidentschaftskandidaten unterstützen wird, da sie weder von Trump noch Harris genügend Zusagen zum Schutz von Arbeitern bekommen habe.

Care Economy statt Industrie: Statt auf Industrie konzentrieren sich Harris und ihre Vertreter auf die „Care Economy“–Maßnahmen zur Verbesserung der Kinderbetreuung, zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und zur Senkung der Lebensmittelpreise.

Dieser Kurswechsel markiert eine Abkehr von Präsident Joe Bidens Strategie, der den Wiederaufbau der heimischen Produktion betont hat.

In Michigan sagte uns die demokratische Abgeordnete Elissa Slotkin: „Wenn Sie nicht über die Wirtschaft und die Zukunft der Arbeit im Mittleren Westen sprechen, führen Sie nur ein halbes Gespräch mit den Wählern.“

Industriepolitik: Dan Kildee, im Repräsentantenhaus, warnte: „In meinem Wahlkreis werden gerade zwei neue Fertigungsanlagen gebaut. Ich ermutige jeden Demokraten, daran zu erinnern, dass wir eine Industriepolitik haben, während die Republikaner das nicht tun.“

NEUE UMFRAGEN: Laut einer neuen Umfrage des Atlanta Journal-Constitution liegt Donald Trump 3 Punkte vor Kamala Harris im Swing State Georgia. 

Gute Nachrichten für Harris in Pennsylvania: Im wohl alles entscheidenden Swing State Pennsylvania hat Harris laut einer neuen Umfrage von Quinnipiac ganze 6 Prozentpunkte Vorsprung vor Trump (51 % vs. 45 %), und 5 Punkte Vorsprung in Michigan.

Knapp in Wisconsin: In Wisconsin ist das Rennen enger, beide Umfragen von Quinnipiac und AARP zeigen Harris nur mit einem Punkt Vorsprung.

CAMPAIGN TRAIL

VIZE-KANDIDATEN BEI CEOS: J.D. Vance und Tim Walz treffen sich diese Woche mit den führenden Managern der Nation. 

Vance bestätigte über einen Sprecher, dass er heute vor dem Business Roundtable sprechen wird – einer Gruppe, zu der die Vorstandsvorsitzenden einiger der größten US-Unternehmen gehören.

Walz wollte nicht bestätigen, ob und wann er mit den CEOs spricht, doch der Pressesprecher der Business Roundtable, Michael Steele, bestätigte, dass sowohl Vance als auch Walz die Einladung für das Gespräch angenommen haben. 

Die Gunst des Business Roundtable könnte der nächsten Regierung politische Vorteile verschaffen. Der Gruppe gehören die Führer einiger der größten Unternehmen des Landes an, darunter Amazon-CEO Andy Jassy, JPMorgan-Chase-CEO Jamie Dimon und Apple-CEO Tim Cook. 

Unbekannt: Anders als Donald Trump ist Kamala Harris vielen Unternehmenschefs und Vertretern in Washington noch relativ unbekannt, und ihre beschleunigte Präsidentschaftskampagne hat relativ wenig Zeit damit verbracht, Unternehmen zu umwerben. 

Diese beeilen sich nun, Harris’ Politik zu verstehen und Beziehungen zu ihrem Team aufzubauen. Daher ist das Interesse an dem Treffen mit Walz groß. Der Demokrat aus Minnesota hat seit Jahren nicht mehr in Washington gearbeitet.

Vance hingegen verbrachte einen großen Teil seiner beruflichen Laufbahn unter Großunternehmern. Er arbeitete als Risikokapitalgeber im Silicon Valley für den milliardenschweren Unternehmer Peter Thiel und dann für eine Firma des ehemaligen AOL-Chefs Steve Case, bevor er seine eigene Firma gründete und anschließend für den Senat kandidierte.

TECHNOLOGY

KINDER VOR SOZIALEN MEDIEN SCHÜTZEN: Ein geplantes Gesetz zum Schutz von Kindern in sozialen Medien, das sowohl von Republikanern als auch Demokraten unterstützt wird, hat eine wichtige Hürde im Kongress genommen.

Am Mittwoch stimmte der Ausschuss für Handel und Energie im Repräsentantenhaus für das Gesetz zur Gesundheit von Kindern in sozialen Medien. Allerdings wollen Demokraten (und der Senat) weitergehen als die Republikaner im Repräsentantenhaus – eine Einigung auf einen gemeinsamen Text könnte noch bis ins kommende Jahr dauern.

Inhalt: Das Gesetz würde soziale Medien dazu verpflichten, die Gesundheit von Kindern zu schützen – US-Behörden würden die Maßnahmen beaufsichtigen. 

Hintergrund: Im Juli verabschiedete der Senat den Kids Online Safety Act mit 91 zu 3 Stimmen. Die vom Senat beschlossene Fassung geht jedoch weiter, da sie auch psychologische Gesundheit umfasst.

Kompromiss: Der federführende Abgeordnete im Repräsentantenhaus, Gus Bilirakis, forderte die Kollegen auf, für den Gesetzesentwurf zu stimmen und anschließend mit dem Senat einen Kompromiss auszuhandeln.

REPRÄSENTANTENHAUS UND SENAT

UND TÄGLICH GRÜSST: Mike Johnson hat heute seine Übergangslösung für den Haushalt zur Abstimmung im Repräsentantenhaus gestellt – und wie zu erwarten ist sie gescheitert. Letzte Woche hatte er kurz vor der Abstimmung zurückgezogen, weil er wusste, dass nicht genügend Republikaner für den Entwurf stimmen würden. 

Hier lesen Sie, warum sowohl Republikaner als auch Demokraten gegen Johnsons Übergangsregelung sind. 

GELD FÜR SECRET SERVICE: Mike Johnson kündigte ebenfalls an, dass die Republikaner des Repräsentantenhauses die Aufnahme neuer Mittel für den Secret Service in einem kurzfristigen Finanzierungsgesetz „in Betracht ziehen“ – obwohl er sich skeptisch zeigte, dass mehr Geld die Lösung für die Behörde ist. 

Die Ankündigung steht in direktem Zusammenhang mit dem oben erwähnten auslaufenden Haushalt der Regierung. Wenn der Kongress nicht bis zum 1. Oktober eine Lösung findet, dürfen keine Ausgaben mehr beschlossen werden – also auch nicht die für den Secret Service, berichtet mein Kollege Jordain Carney.

ENERGY & CLIMATE

GREEN DEAL NICHT GANZ ZURÜCKNEHMEN: Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, hat angekündigt, dass die Republikaner Teile des Inflation Reduction Act (IRA) zurücknehmen wollen, falls sie bei den kommenden Wahlen im November die Macht gewinnen. Das berichtet meine Kollegin Emma Dumain. 

Auf einer Veranstaltung des konservativen America First Policy Institute kritisierte Johnson die „verschwenderischen Ausgaben“ des IRA – die zusammen mit Umweltregulierungen von den Demokraten als amerikanischer Green New Deal bezeichnet wurden.

Johnson erklärte, dass die Republikaner erhebliche Einsparungen erzielen wollen, indem sie den IRA teilweise aufheben. Die Einsparungen könnten dann in eine große Steuerreform fließen, die die Republikaner planen. 

Skalpell statt Vorschlaghammer: Allerdings sagte Johnson gegenüber CNBC, dass er einige Subventionen und Steuererleichterungen, die im IRA enthalten sind, beibehalten wolle. „Man muss ein Skalpell und keinen Vorschlaghammer benutzen, denn es gibt ein paar Bestimmungen, die insgesamt geholfen haben.“

Zurückgehen wird schwierig: Obwohl Donald Trump den IRA ganz abschaffen will, haben viele republikanische Lokalpolitiker inzwischen von dem Gesetz profitiert, in deren Wahlkreisen neue Fabriken und andere Investitionen gefördert wurden. 

Johnson muss einen Balanceakt zwischen den Forderungen der konservativen House Freedom Caucus und den wirtschaftlichen Interessen der von IRA-Investitionen profitierenden Wahlkreise seiner Partei vollziehen.

STEUERGUTSCHRIFT FÜR LADESÄULEN: Das US-Finanzministerium hat am Mittwoch Details zur geplanten Subvention für Ladesäulen für E-Autos bekanntgegeben. Der Staat wird bis zu 30 Prozent der Installationskosten gutschreiben, bis zu 100.000 Dollar für Unternehmen und bis zu 1.000 Dollar für Privatpersonen. 

CO2-MARKT: Die Regierung Biden plant, freiwillige Kohlenstoffmärkte einzuführen. Die Gelder sollen dabei helfen, die internationale Klimafinanzierung zu steigern. 

Wie meine Kollegen Sara Schonhardt und Zack Colman berichten, steht die Idee in der Kritik, weil befürchtet wird, dass Unternehmen dadurch ihre eigenen CO2-Emissionen verschleiern könnten, anstatt sie tatsächlich zu reduzieren.

NGOs weisen darauf hin, dass diese freiwilligen Märkte oft nicht gut funktionieren und möglicherweise nicht die erhofften finanziellen Mittel liefern. Diese Unsicherheiten könnten auch die Verhandlungen bei der kommenden Klimakonferenz (COP29) über die Aufstockung der internationalen Klimahilfen erschweren.

Organisationen wie Carbon Market Watch sehen Probleme, da oft unklar sei, ob das Geld aus den Kohlenstoffmärkten wirklich bei den Gemeinden ankommt, die es am meisten brauchen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der positive Effekt von Emissionsgutschriften oft übertrieben dargestellt werde.

Die Regierung betont, dass diese Gelder die bestehende Klimafinanzierung für besonders gefährdete Länder ergänzen sollen.

WORÜBER WASHINGTON SONST NOCH SPRICHT

TRENDWENDE IN OPIOIDKRISE: Die Zahl der Drogentoten in den USA ist um 10,6 Prozent gesunken. Ein überraschender Fortschritt in der anhaltenden Opioidkrise, berichtet der NPR basierend auf neuen Daten der Gesundheitsbehörde CDC.

Experten sehen gute Nachricht: Obwohl die Zahl der tödlichen Überdosen insgesamt weiterhin hoch ist, berichtet der NPR, dass die Gesundheitsexperten in den Zahlen eine  „weite, bedeutende Trendwende“ sehen. Die Entwicklung gibt Hoffnung für die von der Krise betroffenen Gemeinschaften im ganzen Land.

Das war DC Decoded – das Amerika Briefing von POLITICO. Vielen Dank, dass Sie uns lesen und abonnieren. Bis zur nächsten Ausgabe!

What's Your Reaction?

like

dislike

love

funny

angry

sad

wow